Sind wir Fotografen, obwohl wir keinen Meisterbrief besitzen?
Doch, an der Bezeichnung scheitert es nicht. Ein Fotograf im Sinne des Urheberrechts ist jeder, der mit Hilfe eines Fotoapparates ein Foto schießt. Wir alle dürfen ja abdrücken, und uns daher Fotografen im Sinne des Urheberrechts nennen.
Berufsfotografen oder „Meister“ sind wir halt keine, und wir dürfen „Fotograf“ nicht auf die Visitenkarte schreiben. Und im Auftrag dürfen wir keine Fotos anfertigen, denn dabei verdienen die „Meister“ am meisten.
Fotografie ist trotzdem kein Handwerk im klassischen Sinn. Sonst würden Fotografen Blauzeug tragen, oder? Fotografie ist eine Dienstleistung, und hat dementspechend frei zu sein.
In der deutschen Handwerksordnung findet sich zum Thema „Handwerk“ ein weiterer interessanter Passus:
„Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die das Bundesverfassungsgericht durch seine Entscheidungen vom 31. März 2000 und 27. September 2000 bestätigt hat, wird die Abgrenzung „wesentlicher“ Tätigkeiten von anderen Tätigkeiten, die nicht unter dem Vorbehalt des handwerklichen Befähigungsnachweises stehen, wie folgt präzisiert:
Zur Auslegung des § 1 Abs. 2 HwO besteht eine seit Jahren gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts […] Danach sind „wesentliche Tätigkeiten“ solche, „die nicht nur fachlich zu dem betreffenden Handwerk gehören, sondern gerade den Kernbereich dieses Handwerks ausmachen und ihm sein essentielles Gepräge verleihen.
Arbeitsvorgänge, die aus der Sicht des vollhandwerklich arbeitenden Betriebes als untergeordnet erscheinen, also lediglich einen Randbereich des betreffenden Handwerks erfassen, können demnach die Annahme eines handwerklichen Betriebes nicht rechtfertigen. Dies trifft namentlich auf Arbeitsvorgänge zu, die – ihre einwandfreie Ausführung vorausgesetzt – wegen ihres geringen Schwierigkeitsgrades keine qualifizierten Kenntnisse und Fertigkeiten erfordern“.
Dies gilt für Tätigkeiten, „die in kurzer Zeit erlernbar“ sind.
Das Bundesverfassungsgericht hat durch Bezugnahme auf diese Entscheidung die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts als Kriterium für die Abgrenzung minderhandwerklicher“, also „einfacher“ Tätigkeiten, zu Kernbereichstätigkeiten bestätigt.“
Fotos, mit Digitalkameras angefertigt, entsprechen dieser Definition: Leicht erlernbar, daher kein Handwerk! Kamera nehmen, abdrücken, und fertig! Das oft dagegen vorgebrachte Argument, die Unwiederholbarkeit zum Beispiel einer Hochzeit erfordere besondere Kenntnisse, die sich nur durch eine Ausbildung aneignen ließen, klingt zwar logisch, ist aber grundfalsch! Selbst ein Meisterbrief ist kein Garant für stets gelungene Hochzeitsfotos, wie zahlreiche Postings enttäuschter Brautleute in diversen Fotoforen beweisen. Erst der freie Wettbewerb stellt sicher, dass der Fotograf wirklich sein Bestes gibt, und untalentierte Fotografen vom Markt verschwinden.
Die Tätigkeiten, die „den Kernbereich dieses Handwerks ausmachen und ihm sein essentielles Gepräge verleihen“, wie Arbeiten mit Fachkameras, optischen Speziallinsen und Entwicklergradationen, werden von einem Digitalfotografen nicht ausgeführt!
Die Gewerbebeschränkungen müssen daher für all jene fallen, die nicht mit Fachkameras und Scheimpflug arbeiten – der Trick der Innung mit dem Handwerk zieht leider nicht!