„Fotografie und Berufsrealität des Fotografen/der Fotografin haben sich grundlegend gewandelt. Technologischer und gesellschaftlicher Wandel haben das Medium Fotografie grundlegend verändert. Die Herstellung von (guten) Bildern und ihre Verbreitung stellen heute keine hohen Anforderungen mehr. Die Popularisierung der Fotografie macht im Prinzip jedermann zum Fotografen. Gleichzeitig gewinnt das Bild als Informationsmedium immer mehr an Bedeutung. In der Informationsgesellschaft vollzieht sich diese Entwicklung völlig losgelöst vom professionellen Milieu. Bild und Bildverbreitung haben sich verselbständigt. Die Kernkompetenz des Bildermachens fällt den Berufsfotografinnen und Berufsfotografen nicht mehr exklusiv zu.“
(Aus dem Résumé der Verbände der Schweizer Berufsfotografen SBf und der Vereinigung fotografischer GestalterInnen lvfg anlässlich der Aufhebung des Lehrberufes Fotograf/Fotografin in der Schweiz, 2009)
Die Innung der Fotografen will seit jeher die Konkurrenz durch Autodidakten und Hobbyfotografen unterdrücken. An erster Stelle steht jedoch die Freiheit des einzelnen, seinen Lebensunterhalt auf seine individuelle Weise verdienen zu dürfen, ohne falsche Rücksichtnahme auf ungerechtfertigt bestehende Pfründe. Die freie Digitalfotografie ist ein Bürgerrecht!
Man kann es kaum je besser formulieren als Adam Smith im Jahr 1776: „Das Eigentum, das jeder Mensch an seiner Arbeit besitzt, ist in höchstem Maße heilig und unverletzlich, weil es im Ursprung alles andere Eigentum begründet. Das Erbe eines armen Mannes liegt in der Kraft und in dem Geschick seiner Hände, und ihn daran zu hindern, beides so einzusetzen, wie er es für richtig hält, ohne dabei seinen Nachbarn zu schädigen, ist eine offene Verletzung dieses heiligsten Eigentums, offenkundig ein Übergriff in die wohlbegründete Freiheit des Arbeiters und aller anderen, die bereit sein mögen, ihn zu beschäftigen.
So wie der eine daran gehindert wird, an etwas zu arbeiten, was er für richtig hält, so werden die anderen daran gehindert, jemanden zu beschäftigen, der ihnen passt. Das Urteil darüber, ob er für die Arbeit geeignet ist, kann ruhig der Entscheidung der Unternehmer überlassen bleiben, deren Interesse davon so stark berührt wird. Die heuchlerische Besorgnis des Gesetzgebers, diese könnten einen zumindest Ungeeigneten beschäftigen, ist offensichtlich ebenso unverschämt, wie sie bedrückend ist.“
(1776, Der Wohlstand der Nationen, S. 106)
Heute, 2010, sind diese Grundideen des freien Gewerbezugangs aktueller denn je. Ein beträchtlicher Teil des deutschen Wirtschaftswunders der fünfziger Jahre beruhte auf der Tatsache, dass Gewerbegründungen damals durch einfache Anzeige bei der Gewerbebehörde per Postkarte erfolgten konnten. Innerhalb eines Jahrzehnts verdoppelte sich die Anzahl der eingetragenen Gewerbe, und das Resultat waren nicht verarmte Althandwerker sondern eine deutlich bereicherte Volkswirtschaft. Konkurrenz belebt eben das Geschäft!
Streng betrachtet ist Fotografie immer ein „Handwerk“, denn die Fotos werden mit der Hand gemacht – das selbe trifft aber auch auf die meisten freien Gewerbe zu, und rechtfertigt keine Meisterprüfungen!
Ebenso kann auch die Tätigkeit eines Fotoamateurs mit Fug und Recht als Handwerk bezeichnet werden, egal ob sie kommerziell oder nichtkommerziell betrieben wird. Hierzu sei der Soziologe Richard Sennett zitiert: „Etwas selbst dann richtig zu tun, wenn man dafür vielleicht gar nichts dafür bekommt, das ist wahrer Handwerksgeist. Und wie ich meine, vermag nur solch ein uneigennütziges Gefühl des Engagements und der Verpflichtung die Menschen emotional zu erheben. Anderenfalls unterliegen sie im Kampf ums Überleben.“
So gesehen erfüllen die Amateurfotografen bereits die wesentlichen Anforderungen an jedes Handwerk: Sie sind immer mit Freude und Engagement bei der Sache, und sie wollen ihre Fähigkeiten stets verbessern.
Zuletzt passt ein Zitat von Christian Kohlund: „Verbote sind für jene, die Angst vor der Freiheit haben.“ Nicht die Anarchie ist mit der Freiheit gemeint, sondern jene schöpferische Freiheit, ohne die kein Fortschritt denkbar ist. Es ist an der Zeit, dass auch die Österreichische Politik aufhört, vor der schöpferischen Freiheit Angst zu haben.
Daher fordern wir nachhaltig: Weg mit den sachlich nicht zu rechtfertigenden Zugangsbeschränkungen (Meisterprüfung) für Berufsfotografen!