Aus der Homepage des Europabüros: „Die vier Grundfreiheiten:
Der freie Warenverkehr
Der freie Personenverkehr
Der freie Dienstleistungsverkehr
Der freie Kapitalverkehr
Seit Beginn des europäischen Einigungsprozesses war die Schaffung eines gemeinsamen Markts ein zentrales Anliegen der Europäischen Gemeinschaft. Die ab 1985 in Angriff genommene Einführung eines europäischen Binnenmarkts sollte vor allem durch die Beseitigung bzw. Vereinheitlichung der Personen-, Waren- und Verkehrskontrollen an den Binnengrenzen und die Aufhebung administrativer Hemmnisse (Vereinheitlichung von Ausbildungsstandards, Anerkennung von Befähigungsnachweisen und Diplomen, etc.) erreicht werden. Gemäß Artikel 14 des EG-Vertrags umfasst der Binnenmarkt in diesem Sinn einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital verwirklicht ist.“
Aus: „Studienreihe Rechtswissenschaften, Europarecht II: Binnenmarkt und Grundfreiheiten, W. Kohlhammer, Stuttgart 2006“:
„Die Grundfreiheiten bzw. Marktfreiheiten beziehen sich […] nicht auf die Hoheitsakte der Gemeinschaftsorgane […] sondern an die Mitgliedstaaten selbst. Die Grundfreiheiten sollen gewährleisten, dass die Mitgliedstaaten keine Regelungen erlassen, die den Binnenmarkt behindern. Dabei vermögen die Grundfreiheiten freilich weit mehr Einfluss auf nationale Rechtsakte auszuüben. Es sind in diesem Bereich nämlich potentiell alle mitgliedstaatlichen Regelungen betroffen, die geeignet sind, den Binnenmarkt zu behindern.“
Die Dienstleistungsfreiheit betrifft auch unsere nationalen Regelwerke: In Österreich wird keine Inländerdiskriminierung zugelassen. Aus der Erkenntnis des VfGH GZ: G42/99 vom 9. Dezember 1999: „Es hat sich somit das Bedenken des Verfassungsgerichtshofs bestätigt, daß für die durch die in Prüfung genommenen Bestimmungen bewirkte Differenzierung zwischen einer einschlägigen fachlichen Tätigkeit im Ausland und im Inland eine sachliche Rechtfertigung nicht gefunden werden kann.“
Wie urteilt der EUGH in der Frage der Verhältnismäßigkeit von Zugangsbeschränkungen im Zusammenhang mit der Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie? Aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 3. Oktober 2000, betreffend Deutsches Handwerksrecht, Rechtssache C-58/98:
„[…] 32 Unter Berücksichtigung der Art der Tätigkeiten, um die es im Ausgangsverfahren geht, ist daher zu prüfen, ob die Eintragung in die Handwerksrolle und das Verwaltungsverfahren dafür mit dem Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs vereinbar sind und die praktische Wirksamkeit der Richtlinie 64/427 und insbesondere ihres Artikels 4 nicht gefährden.
33 Nach ständiger Rechtsprechung verlangt Artikel 59 EG-Vertrag nicht nur die Beseitigung jeder Diskriminierung des in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Dienstleistenden aufgrund seiner Staatsangehörigkeit, sondern auch die Aufhebung aller Beschränkungen – selbst wenn sie unterschiedslos für inländische Dienstleistende wie für solche aus anderen Mitgliedstaaten gelten -, sofern sie geeignet sind, die Tätigkeiten des Dienstleistenden, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist und dort rechtmäßig entsprechende Dienstleistungen erbringt, zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen (Urteile vom 25. Juli 1991 in der Rechtssache C-76/90, Säger, Slg. 1991, I-4221, Randnr. 12, vom 9. August 1994 in der Rechtssache C-43/93, Vander Elst, Slg. 1994, I-3803, Randnr. 14, vom 28. März 1996 in der Rechtssache C-272/94, Guiot, Slg. 1996, I-1905, Randnr. 10, vom 12. Dezember 1996 in der Rechtssache C-3/95, Reisebüro Broede, Slg. 1996, I-6511, Randnr. 25, vom 9. Juli 1997 in der Rechtssache C-222/95, Parodi, Slg. 1997, I-3899, Randnr. 18, und vom 23. November 1999 in den Rechtssachen C-369/96 und C-376/96, Arblade u. a., Slg. 1999, I-8453, Randnr. 33).
[…] 40 Eine Regelung wie die nationale Regelung des Ausgangsverfahrens geht, selbst wenn sie unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Dienstleistenden gilt und zur Erreichung von Zielen geeignet erscheint, die alle darauf gerichtet sind, die Qualität der erbrachten Dienstleistungen zu erhalten, über das hinaus, was zur Erreichung solcher Ziele erforderlich ist. […]“
Dieses Urteil hat wesentlich dazu beigetragen, dass Fotografie in Deutschland im Zuge der Handwerksreform 2003 dereglementiert wurde, und heute sowohl freiberuflich als auch als freies Gewerbe ausgeübt werden kann. Es besitzt unverändert Gültigkeit.
Inzwischen findet sich das Recht auf freie Berufsausübung auch in der EU Grundrechtecharta (die mit dem Vertrag von Lissabon rechtsverbindlich wurde): „Artikel 15, Berufsfreiheit und Recht zu arbeiten: (1) Jede Person hat das Recht, zu arbeiten und einen frei gewählten oder angenommenen Beruf auszuüben. (2) Alle Unionsbürgerinnen und Unionsbürger haben die Freiheit, in jedem Mitgliedstaat Arbeit zu suchen, zu arbeiten, sich niederzulassen oder Dienstleistungen zu erbringen. […] Artikel 52, Tragweite der garantierten Rechte: (1) Jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten muss gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie notwendig sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.“
„Der Vertrag von Lissabon baut auf bestehenden Rechten auf und führt neue Rechte ein. Insbesondere garantiert er die Freiheiten und Grundsätze, die in der Charta der Grundrechte verankert sind, und verleiht den Bestimmungen der Charta Rechtsverbindlichkeit. Der Vertrag betrifft politische, wirtschaftliche, soziale und Bürgerrechte. […] Der Vertrag von Lissabon garantiert und stärkt die ‚vier Grundfreiheiten‘ sowie die politische, wirtschaftliche und soziale Freiheit der europäischen Bürger.“ (europa.eu/lisbon_treaty)
Österreich ist Vollmitglied der EU, die oben genannten Freiheiten und Grundrechte gelten uneingeschränkt auch für Österreicher!